Weiterentwicklung Lern- und Erinnerungsort Dachau 21. Januar 2020 / Kultur & Zeitgeschichte

Wie wir die Erinnerung aufrechterhalten können

„Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht.“ Mit diesen Worten erinnerte der 2016 verstorbene Holocaust-Überlebende und Dachauer Ehrenbürger Max Mannheimer an unsere Verantwortung für Frieden, Demokratie und Freiheit. Es ist unsere Aufgabe, an das zu erinnern, was geschehen ist. Wie uns das auch in Zukunft gelingen kann, will ich Ihnen hier schildern.

Der Verlust von Zeitzeugen erfordert neue Formen des Gedenkens und Erinnerns

Es gibt nicht mehr viele Menschen, die von ihren eigenen Erfahrungen und ihren schrecklichen Erlebnissen in der Zeit des Nationalsozialismus berichten können. Der Tod der Zeitzeugen ist nicht nur traurig, er stellt uns nachfolgende Generationen auch in der Gedenk- und Erinnerungsarbeit vor Herausforderungen. Ein Weg, die Erinnerung aufrechtzuerhalten ist, den Hinterbliebenen der Holocaust-Überlebenden eine Stimme zu geben. Auf Gedenkveranstaltungen beziehen wir nun immer häufiger die Kinder und Enkel mit ein. Auch sie können uns eindringlich von den Gräueln und Verbrechen berichten, die ihren Eltern und Großeltern von den Nazis angetan wurden. Und sie können davon berichten, wie der Terror auch Jahre und Jahrzehnte später das Leben der Opfer und ihrer Familien beeinträchtigte.

Auch eine Neukonzeption der Gedenkstätte ist wichtig

Außerdem halte ich eine Neukonzeption der KZ-Gedenkstätte für dringend angebracht. Die Ausstellung in der Gedenkstätte ist bald 20 Jahre alt und konzeptionell, didaktisch und gestalterisch überholt. Längst gibt es neue visuelle Darstellungsformen und neue Techniken bei der Vermittlung von Inhalten. Eine Einbindung von persönlichen Gegenständen der Opfer wie zum Beispiel in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem macht persönliche Schicksale und die unmittelbaren Folgen des Vernichtungswahnsinns der Nazis begreifbarer als rein wissenschaftliche Darstellungsweisen. Mich persönlich hat nichts betroffener gemacht und nachhaltiger geprägt als die in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau ausgestellten persönlichen Gegenstände der Ermordeten. Wer das gesehen hat, für den wird die Forderung „Nie wieder!“ von einer abstrakten These zu einer persönlichen Aufforderung, sich stets gegen Hass, Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit zu engagieren.

Die Gedenkstätte braucht mehr Räume

Zwar liegt die Weiterentwicklung und Gestaltung der KZ-Gedenkstätte im Aufgabenbereich des Freistaats, aber dennoch möchte ich meine Vorstellungen und die der Stadt Dachau in eine Neukonzeption mit einbringen und unsere Unterstützung anbieten. Dringend notwendig sind zum Beispiel mehr Seminarräume für Nachbesprechungen, Workshops und Tagungen. Es kann nicht sein, dass viele Anfragen wegen Raummangel abgelehnt werden müssen. Damit werden wir unserer Aufgabe nicht gerecht. Ein möglicher Standort wäre das Werkstättengebäude auf dem benachbarten Gelände der Bereitschaftspolizei.

Auch Renovierungen und eine Einbeziehung des Kräutergartens sind notwendig

Außerdem muss der Freistaat in die Renovierung der Gebäude (u. a. Baracken und Krematorium) investieren, ebenso in die Sanierung der Anlagen am Leitenberg. Und der Kräutergarten muss als Erinnerungsort zugänglich gemacht werden. Die Relikte von drei dortigen Gewächshäusern haben wir dem Freistaat angeboten. Hier kann die Geschichte des NS-Kräutergartens authentisch dargestellt werden und vor Ort an die Gräuel, die Häftlingen dort angetan wurden, erinnert werden.

Auf den Punkt gebracht

Das Erinnern an die Nazi-Verbrechen und das Gedenken an die Opfer müssen wir aufrechterhalten. Den Weg, den Hinterbliebenen der Opfer eine Stimme zu geben, will ich weitergehen. Und der Freistaat muss in eine Renovierung und Neugestaltung der Gedenkstätte investieren.

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